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31. Etappe: 10. August 2022
Witzenhausen – Bad Sooden-Allendorf
Distanz: 18,2 km – Anstiege: 355 HM – Abstiege: 294 HM – Temperatur: 27° – 36° C
Als ich das Hotel verlasse empfängt mich schon eine sehr warme Luft. Ich streife die Altstadt und den Randbereich von Witzenhausen und bin dann für kurze Zeit auf einem Gehweg entlang der Bundesstraße unterwegs. Witzenhausen bezeichnet sich als Kirschenstadt. Im Frühstücksraum konnte ich viele Fotos ehemaliger Kirschenköniginnen bewundern. Nun bei meinem Aufstieg durchwandere ich inzwischen Kirschplantagen. Leider ohne Kirschen. Die sind bereits geerntet worden.
Von den Plantagen tauche ich in den Wald ein und genieße nach der Wärme die nun kühle Luft. Zu meiner Freude kann ich nun gefahrlos Brombeeren naschen. Sie gibt es hier im Überfluss. Am Hang und Waldrand habe ich immer wieder herrliche Blicke in die hügelige Landschaft. Bei einem Sportplatz am Rande von Wendershausen mache ich meine erste Pause.
Ich streife mit Abstand den Ort und bin für einige Zeit in Felder unterwegs. Ein leichter Wind mildert die Wärme gut ab. Dann bin ich wieder im Wald. Hinweisschilder warnen vor Astbruchgefahr und weisen auf eigenen Verantwortung hin. Nach meinem Navi müsste ich jetzt abbiegen. Doch hier ist der schmale steile Pfad abwärts mit Bändern versperrt und A4 große Blätter weisen auf „Umleitung“ hin. Ich traue mich nicht, die Sperrung zu missachten. Hier kommen Serpentinen und wenn es wirklich nicht mehr weitergeht, muss ich wieder steil nach oben. Darauf kann ich verzichten!
Die Umleitung führt zunächst noch aufwärts, dann aber wieder abwärts und mündet in eine Kreisstraße. Gerade mal ein Pkw begegnet mir und biegt vor mir rechts auf einen Parkplatz ab. Die Umleitung führt mich wenig später an dem großen Spielplatz „Öhrchen“ rechts ab. Wieder muss ich einen Berg hoch. Es ist zwar im Wald, doch hier trifft mich wieder die Sonne. Ich schwitze von der Anstrengung und der Hitze. Es folgt ein Wechsel aus schattigen kühlen Bereichen und praller Sonne.
Auf einer Bank rufe ich meine heutige Unterkunft an. Ich hatte mir notiert, dass zwischen 14 und 16 Uhr Pause und ein Einchecken in dieser nicht möglich ist. Der Mitarbeiter erzählt mir plötzlich, dass es erst ab 17 Uhr möglich wäre. Ich suche die Buchungsbestätigung heraus und hier steht 16 Uhr. Bis zum Ziel sind es noch geschätzte 9 bis 10 Kilometer. Ich werde mehrere längere Pausen einlegen.
Ich erreiche den Ort Oberrieden. Wie gerufen kommt mir im Schatten von Bäumen ein Pkw-Anhänger. Hier lege ich mich drauf und schlafe auch ein. Es ist ein leichter Schlaf, als mich ein besorgter Radfahrer anspricht, ob bei mir alles in Ordnung ist. Ich bedanke mich und bestätige es. Schon im Ort treffe ich spontan die Entscheidung, nicht dem geplanten Weg zu folgen. Dieser macht einen weiten Schlenker hoch in die Hügel. Nach Aufstieg ist mir nicht und ich möchte lieber an der Werra entlang laufen. Kaum bin ich auf dem geänderten Weg, muss ich feststellen, ich muss an einer Bundesstraße entlang. Wie befürchtet, kann ich nur auf einem noch breiten Randstreifen in Fahrtrichtung laufen. Ein mulmiges Gefühl begleitet mich, als an mir die Lkw’s vorbei donnern. Ein Parkplatz auf der anderen Seite naht und ich renne über Fahrbahn dahin. Dort gibt es einen Einstieg in einen Radweg an der Werra. Ich folge diesem Radweg. Was nun fehlt, sind Bänken. Na ja, Radfahrer sitzen nur und brauchen so etwas nicht. Ich armer Wanderer sehnt sich ab und zu nach einer Sitzgelegenheit. Unterwegs unterquere ich die Bundesstraße und bin schließlich zwischen erhöhten Bahngleisen und Wiesen. Mit Abstand hinter den Wiesen sehe ich die Hügel, auf der ich nach meiner geplanten Route unterwegs wäre. Ich nehme dafür die Hitze gerne in Kauf. Der Wirtschaftsweg gabelt sich in einen schmalen schattigen Fußgängerweg und weiter auf dem Radweg. Ich genieße nun die Kühle auf dem schmalen Pfad.
Schließlich treffe ich auf meine geplante Route und erreiche an den Thermen vorbei die Stadt Bad Sooden-Allendorf. Nun sind plötzlich viele Fußgänger von der Therme kommend vor mir unterwegs. Doch vor der Altstadt von Allendorf biegen die meisten wieder ab. Ich erreiche die Altstadt. Die Straßen sind mit quer hängenden Seilen geschmückt. In einer Woche gibt es hier ein Fest. Fasziniert von der Pracht der alten Fachwerkhäuser laufe ich bereits an meinem Hotel vorbei bis zum Marktplatz. Wieder zurück und auf der Ecke vom Marktplatz sehe ich dann den zugehörige Gasthof. Es ist offen und ich trete ein. Ich bin der erste Gast und ein junger Mann kommt mir freundlich entgegen. Beim Einchecken bittet er, dass ich zunächst ein Besucherformular auszufüllen. Und ich bitte um ein alkoholfreies Weizen und eine kalte große Flasche Mineralwasser. Dieses bringt er mir mit dem Hinweis, das Weizenbier geht aufs Haus.
Ich komme mit dem jungen Mann ins Gespräch und erfahre, dass er aus Eritrea stammt. Die Flucht war sehr gefährlich. Er hatte nur normale Kleidung und Turnschuhe an. Keinen Rucksack, um nicht ausgeraubt zu werden. Nachts hat er, wenn er konnte zum Schutz vor giftigen Schlange und Raubtieren in Bäumen übernachtet. Am Stück war er auch über 800 Kilometer zu Fuß unterwegs. Wie ich seinen Erzählungen folge, muss ich unweigerlich an mein Luxuswandern mit guten Wanderschuhen, Kleidung und Ausrüstung denken. Seinen Weg würde ich nicht wagen. Nun lebt er schon 6 Jahre in Deutschland. Er spricht sehr gut Deutsch.
Abends komme ich wieder in die Gaststätte und werde sehr aufmerksam betreut. Draußen ist jeder Platz belegt. Mir ist nicht nach draußen sitzen und ich genieße das kühle Innere. Nach dem Essen bin ich schnell müde und werde den Artikel morgen früh schreiben.
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