7. Etappe: 8. Juli 2022
Assmannshausen – Lorch
Distanz: 14,8 km – Aufstiege: 380 HM – Abstiege: 361 HM – Temperatur: 20° – 29° C
Kurz nach der Unterkunft überquere die Bahngleise und wenig später bin ich im Zentrum. In einer kleinen Gasse komme ich an einem urigen Fachwerkhaus „Alte Dorfschänke“ vorbei. Ein Stück vor mir das nächste schöne Fachwerkhaus „Alte Bauernschänke“. Hier biege ich links auf eine Treppe ab. Es folgt ein schmaler Pfad hoch in Richtung Weinhänge. Die erste kommende Bank nutze ich. Inzwischen habe ich gelernt, Bänke zu nutzten, denn wann die Nächste kommt, ist ungewiss. Ich sitze gerade, als ein älterer Wanderer mit kleinem Rucksack auf mich zu kommt. Er möchte nach Lorch zu einer Geburtstagsfeier und ist seit mehreren Tagen unterwegs. Wie ich von ihm erfahre, ist er 71 Jahre alt. Wir gehen ein Stück gemeinsam und trennen uns wieder, als ich in Ruhe fotografieren will.
Ich schließe zu einem weitere älteren Mann auf. Er geht spazieren und ist froh, wenn er nach einem Umknicken und vorher einem Achillessehnenriss zwei bis drei Kilometer wieder schaffen kann. Bei einer Biegung trennen wir uns. Zuvor zeigt er mir in der Ferne einen kupferbedeckten Pavillon. Da muss ich vorbei, erklärt er mir.
Über Serpentinen steige ich weiter hoch in die Weinberge, den Pavillon immer im Blick. Endlich erreiche ich ihn und neben dran steht eine einladende Sinnenbank. Hier mache ich eine ausgiebige Pause. Die Temperatur steigt deutlich an. Froh bin ich, als ich einen Wald erreiche. Vor dem Eintritt ein Hinweisschild zum Naturschutzgebiet mit Namen „Teufelskadrich bei Lorch“. Kaum im Wald muss ich etwas klettern. Mit dem großen Rucksack hangel ich mich auf einem schmalen wurzeligen und steinigen Pfad entlang. Links von mir geht es steil abwärts. Ich halte mich mehrfach an Bäumen fest und bin froh, als es nach kurzer Zeit leichter am Hang zu laufen geht. Nach gefühlten zwei Kilometer erreiche ich wieder einen breiteren Weg. Es bleibt angenehm schattig. Vom Rhein sehe ich länger nichts. Dann erreiche ich wieder die Weinberge und habe einen herrlichen Blick auf das Rheintal.
Von Lorch ist lange nichts zu sehen, doch dann nach einem weiteren Schlenker in ein Tal hinein, erkenne ich in der Ferne meinen heutigen Zielort. Ich verlasse den Rheinsteig und nähere mich über ein paar Serpentinen dem Ort. Parallel zu den Bahngleisen erreiche ich auf einer schmalen Straße eine Brücke und wenig später habe ich das Gästehaus erreicht. Wie der Vermieter mir erklärt, stammt das Gebäude aus dem 18. Jahrhundert. Der Flur ist eine Gemäldegalerie und die Decke kaum höher als zwei Meter. Eine Kaffeemaschine mit Taps steht bereit und für mich holt der Vermieter eine zweite Flasche Wasser. Heute Abend werde ich die nächsten Übernachtungen buchen.
Auf meinem Weg durch Lorch komme ich an einem Schild vorbei: „Freistaat Flaschenhals“.
Wikipedia:
Als Freistaat Flaschenhals bezeichnete sich selbstironisch ein schmales Gebiet zwischen dem Rhein und dem unbesetzten Teil der preußischen Provinz Hessen-Nassau, das nach Ende des Ersten Weltkriegs vom 10. Januar 1919 bis zum 25. Februar 1923 bei der alliierten Rheinlandbesetzung zwar unbesetzt blieb, jedoch vom übrigen unbesetzten Deutschland faktisch isoliert und damit politisch wie wirtschaftlich auf sich selbst gestellt war. Um einen Staat im völkerrechtlichen Sinne handelte es sich dabei nicht. Der Flaschenhals umfasste die Orte Lorch, Kaub, Lorchhausen, Sauerthal, Ransel, Wollmerschied, Welterod, Zorn, Strüth, Egenroth und Laufenselden. Heute wird die Bezeichnung Freistaat Flaschenhals zur Tourismusförderung der Region verwendet.