5. Etappe: 6. Juli 2022

Kiedrich – Geisenheim

Distanz: 17,1 km – Aufstiege: 481 HM – Abstiege: 446 HM – Temperatur: 18° – 28° C

Eine kühle Brise empfängt mich und meine Füße und meine rechte Wade machen sich nicht bemerkbar! Ich hoffe, es bleibt so. Schon wenig später beginnt der erste Aufstieg und ich nutze jede Gelegenheit zu einer kleinen Pause. Die Angst, dass sich meine Wade bemerkbar macht, ist zu groß. Ich komme zwar ins Schwitzen, doch der kühle Westwind macht das Wandern zu einem Genuss. Ich hoffe, es bleibt so.

Noch bevor ich den höchsten Punkt erreiche, wechseln Weinhänge in Wiesen und Wald bis ich mich dem Kloster Eberbach nähere. Das größte deutsche Weingut ist das hessische Staatsweingut mit Sitz im Kloster. Ich war bereits auf meiner Deutschlandumrundung dort gewesen. Im Wald auf einem schmalen wurzeligen Weg erreicht mich eine große und sportliche Frau mit ihrem Hund. Ich bitte die junge Frau, mich zu überholen. Damit kommen wir ins Gespräch. Sie trainiert mit ihrem Hund. Er ist ausgebildeter Rettungshund. Als wir uns immer mehr dem Kloster nähern, erzähle ich von dem extrem teuren Zimmerpreis. Sie bestätigt das. Auch die Preise im Restaurant sind sehr teuer geworden. Lachend sagt sie, dass ihr Sohn möglichst schon etwas vorher zu Hause essen muss. Er hat einen riesen Appetit. Wir kommen an einem Waldkindergarten vorbei. Hier war ihr Sohn früher gewesen. Ich berichte auch stolz von meinen Enkeln. Sie hat einen leichten Akzent. Ich vermute, dass sie aus Holland kommt. Doch sie ist Engländerin und hier vor langer Zeit in Kiedrich gestrandet.

Ich lasse das Kloster rechts liegen und schon bin ich auf dem nächsten Anstieg. Das Gute an dem Rheinsteig ist, dass regelmäßig Bänke oder Schutzhütten zum Ausruhen vorhanden sind. Ich nutze diese immer wieder. Meine Wade macht sich wieder bemerkbar. Der Schmerz ist aber auszuhalten. Am höchsten Punkt „Am Unkerbaum“ nutze ich eine Bank für eine erste längere Pause. Nun geht es abwärts und an einer Wohnsiedlung vorbei. Aus einem Pfad wird für kurze Zeit eine Straße. Bald hätte ich den schmalen Abzweig hoch in den Wald verpasst. Vor hier führt mich meine Route zu einer Schutzhütte mit herrlichem Blick in das Rheintal. Die Hütte ist mit jungen Leuten belegt und so wandere ich weiter.

Die Weinhänge haben mich wieder und den Blick ins Rheintal mit dem Weinort Oestrich-Winkel genieße ich. Immer noch bläst der Westwind. Wenn es mal windstill ist, spüre ich die starken Sonnenstrahlen. Ein paar hundert Meter vor dem Schloss Vollrads liegt bei einer Schutzhütte eine Kühlbox mit Wasser und Wein. Die Versuchung ist groß, etwas kühles Wasser zu trinken. Natürlich mache ich das nicht. Es ist sicher für eine Wandergruppe abgestellt worden. Des Rätsels Lösung naht kurz vor dem Schloss. Es ist eine Berufsschulgruppe bei einer kleinen Weinlagenwanderung.

Nach meinem Navi habe ich nur noch ca. vier Kilometer zu laufen. Unter einem Baum eine Bank mit Blick zurück Richtung Schloss. Ein Turm ragt noch sichtbare zwischen den Weinhängen hervor. Ich kann nicht widerstehen und lege mich mit dem Rucksack als Rückenlehne auf die Bank. Über mir das Blätterdach und zwischendrin blitz immer wieder der blaue Himmel auf. Dazu der frische Wind. Ich genieße die Abgeschiedenheit und Ruhe und mache ein kleines Nickerchen.

Ich erreiche den Ort Johannisberg mit dem gleichnamigen Schloss. Hier war ich schon mehrfach gewesen und lasse es links liegen. In Johannisberg wurde 1775 die Spätlese entdeckt. Johannisberg gehört zu Geisenheim meinem Zielort. Leider muss ich für kurze Zeit auf der Straße laufen. Es ist der letzte kleine Anstieg und dann habe ich mein heutiges Ziel erreicht.


2 Comments

  • Martin Prasch

    Hallo Herr Bach,

    mit Interesse habe ich den heutigen Artikel in der FAZ über Ihre Grenzexkursion in Hessen gelesen – für mich hochspannend, da ich schon seit einigen Jahren genau dieses Thema mit mir herumtrage. Wenn ich den Artikel richtig verstanden habe dann wollen Sie das ganze Projekt komplett angehen, d.h. 1.300 Kilometer in ca 65 Tagen. Allemal wünsche ich Ihnen einen guten Fuß und tolle Eindrücke und werde auf jeden Fall mit Interesse Ihre Touren verfolgen.

    Viel Erfolg und Frisch Auf!

    Martin Prasch

    N.B. Ich vermisse noch die Tour Nummer 3 vom 4. Juli

    • weba

      Hallo Herr Prasch,
      nach Klick auf das Tagebuch nur nach unten scrollen dann sind alle Artikel aufgelistet. Oder rechts bei „Neuste Beiträge“ schauen.
      Bei der dritten Etappe habe ich gezwungener Maße einen Ruhetag eingelegt und „Wunden geleckt“. Im Beitrag der 2. Etappe nur kurz zum Schluß erwähnt. Ausserdem habe ich eine Hilfe -> siehe Menüpunkt „Hilfe“ begefügt.
      Danke für Ihren Kommentar und freue mich, wenn Sie mich weiter begleiten.
      Viele Grüße
      Werner Bach

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