2. Etappe: 3. Juli 2022
Leeheim – Ginsheim
Distanz: 20,9 km – Aufstiege: 105 HM – Abstiege: 87 HM – Temperatur: 26° – 36° C
Als ich gegen 9 Uhr die Unterkunft verlasse, empfangen mich ein wolkenloser blauer Himmel und eine umschmeichelnde warme Luft. Ich merke aber schon nach wenigen Metern, das wird keine angenehme Etappe werden. Es dauert, bis ich Leeheim verlassen habe. Meine Fersen melden sich bei jedem Schritt und schon kurz hinter Leeheim bei einem Bolzplatz mache ich meine erste Pause.
Meine Route führt über einen asphaltierten Wirtschaftsweg in Richtung Rhein. Nach einer Funkmessstelle mit Satellitenschüsseln nähere ich mich endlich dem Rhein. Ich sehne mich nach einer Sitzgelegenheit, doch so etwas gibt es nicht. Zu allem Überfluss schmerzt plötzlich auch noch meine rechte Wade. Bleibe ich kurz stehen und laufe dann wieder, schmerzen beim Auftreten meine Fußsohlen. Erst nach einigen Metern humpelnd geht es wieder. Auf die umschmeichelnde Luft kann ich inzwischen verzichten. Es wird immer wärmer. Es beginnt wohl wieder meine anfängliche Leidenszeit.
Ich nähere mich dem Rhein. Nur ab und zu blitzt zwischen Sträuchern etwas Blaues auf. Von der der anderen Rheinseite dringt übermäßig laute Musik herüber. Dann endlich habe ich freie Sicht auf den Rhein. Ich befinde mich auf dem Deich. Die Hoffnung auf eine Bank um den Anblick zu Genießen, wird je zerschlagen.
Nur ein kurzes Stück bin ich am Rhein. Bei einer Gabelung muss ich weiter auf dem Deich bleiben, der von mir geplante Weg direkt am Rhein ist zugewachsen. Langsam wird meine Wanderung zur Quälerei. Die Sonne brennt unerbittlich auf mir nieder. Die Angst vor einem Sonnenstich zwingt mich, meinen Wanderhut herauszuholen. Lange ist es her, dass ich ihn getragen habe. Hinter dem Deich auf dem asphaltierten Weg sind Heerscharen von Radfahrer unterwegs. Die meisten davon auf einem e-Bike und davon die meisten sehen sehr unsportlich aus. Sie radeln völlig entspannt und ich werde ein bisschen neidisch auf sie.
Nach über 12 Kilometer taucht eine Bank auf. Endlich kann ich mich etwas erholen. Ich bin schon lange auf den Rheinauenweg unterwegs. Er wird von dem Odenwaldclub betreut. Warum ist es nicht möglich, ab und zu eine Bank aufzustellen? Als Wanderer kann ich diesen Abschnitt des Wanderweges nicht empfehlen!
Der Rheinauenweg biegt rechts ab, meine geplante Route führt geradeaus weiter. Diesmal hätte ich besser auf dem ausgeschilderten Weg bleiben sollen. Erst noch Asphaltpiste und dann stapfe ich durch kniehohes Gras und quäle mich durch Unterholz zu einer Wiese mit Sicht auf den Deich. Ich bin völlig ausgepumpt und denke ständig darüber nach, bei der nächsten Gelegenheit ein Taxi zu rufen. Für Fotos habe ich keinen Sinn mehr, will einfach nur ankommen. Ein schattenspendender Baum in unmittelbarer Nähe zum Deich kommt wie gerufen. Ich hole meine Folie aus und mache eine Pause. Vor Erschöpfung schlafe ich ein. Aus einer kurzen Rast wird es eine einstündige Pause.
Gegen 17 Uhr nähere ich mich Ginsheim. Anwohner weisen mir den Weg zu einer Konditorei. Draußen gibt es frei Plätze, doch ich habe genug vom draußen sein und betrete den Innenraum. Alles in mir lechzt nach etwas Kaltem und so bestelle ich bei der ersten vorbei laufenden Bedienung mit: „Ich verdurste“ ein alkoholfreies Weizenbier und eine große kalte Flasche Mineralwasser. Danach laufe ich die letzten 500 Meter zu meiner heutigen Unterkunft und erreiche diese gegen 18:00 Uhr.
Kaum im Zimmer entledige ich mich aller Kleidung und genieße das Bett. Nach einem Nickerchen möchte ich duschen, doch es gibt nur kaltes Wasser. Ich gehe zum Essen und reklamiere das Problem mit dem kalten Wasser. Die Heizung ist ausgefallen und soll noch am Abend wieder funktionieren.
Es ist warm im Raum und ich schalte den Ventilator auf kleine Stufe ein. Als es dunkel wird, öffne ich zusätzlich noch die Balkontür. Morgen sind es nur 14 Kilometer und danach wird es tagelang anstrengender.
One Comment
Kurt Pörtner
Hallo Werner,wir haben uns vorgestern im Elzer Wald getroffen, wir hatten eine angeregte und nette Unterhaltung.
Was ich vergessen habe, – auch ich bin ab Ende April 2009 den Camino Frances bis Finisterre gelaufen.
Dir wünsche ich allesgute, bleib gesund und Liebe Grüße
Kurt Pörtner